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Instagram als Plattform für Werbung, Selbstdarstellung und Avocado Toasts.
Dabei fing alles so harmlos an.
von Yasmine und Sophie 

Als wir Instagram vor einigen Jahren entdeckten gab es noch gar keine Blogger oder Influencer. Ob Bilder mit der Familie, Urlaubsfotos oder einfache Schnappschüsse, fast alles wurde geteilt. Dabei ging es aber nicht um das Sammeln von Likes, sondern eher darum, eine Art „virtuelles Fotoalbum“ zu erschaffen. Heute besteht Instagram fast nur noch aus bezahlter Werbung für überteuerte Produkte, Avocado Toasts, Models mit Beinverlängerungen am Strand von Bali, Luxury Lifestyle Bloggern oder ach so perfekten Couple Goals Fotos.

 

Dass diese Fotos oft aufwendig inszeniert und meistens mit Werbung gekoppelt sind, vergessen wir leider viel zu oft. Geblendet von einem vermeintlichen Reichtum, unrealistischen Körpern und Puppengesichtern fühlen wir uns automatisch weniger wert und nicht schön. Niemand ist perfekt und niemand ist immer glücklich. Trotzdem fällt es schwer sich diesen Gedanken immer wieder vor Augen zu führen. Aber wenn wir mal ehrlich zu uns sind: Hast du wirklich jemals auf den Schultern deines Freundes gesessen und dabei euren Tannenbaum geschmückt? Hat dein Freund dich wirklich vor dem Eiffelturm hochgehoben und geküsst während zufälligerweise auch dabei ein Foto entstanden ist? Vermutlich nicht!

 

Kennst du das? Du wachst morgens auf und das erste was du machst ist Instagram öffnen. Das allererste was wir in unserem Instagram Feed sehen sind wieder einmal perfekte Körper am Strand auf den Malediven, Luxus-Hotels und teure Kleidung.

Sind wir glücklich wenn wir so in den Tag starten? Nein, denn die Realität sieht auch bei uns anders aus.

 

Die Tatsache, dass ein Großteil acht bis zehn Stunden des Tages seiner beruflichen Tätigkeit nachgeht, wird in Sozialen Medien oft einfach ausgeblendet.

 

Harte Arbeit trägt unter anderem also dazu bei, einen solch luxuriösen Lifestyle zu leben oder gar vortäuschen zu können, erwähnt wird dies aber selten.

Gerade in Zeiten von Corona fällt auf, dass viele reiche Frauen nicht wissen, wie sie sich in solch einer Zeit zu verhalten haben und was sie mit ihrer Zeit anfangen sollen, während ihre Männer Millionen verlieren. Wir halten es für sehr gewagt in dieser Zeit #throwback Fotos von Luxusreisen mit der Unterschrift "Wo ich hinfliege, wenn Corona vorbei ist", zu posten. Wir sagen euch wohin die Leute gehen, wenn Corona vorbei ist:

Sie gehen zurück zur Arbeit! Sie gehen zurück zur Arbeit, um einen Bus zu fahren, sie gehen kellnern, sie gehen putzen, sie gehen zurück zu ihren Familien, weil sie sie nicht anstecken wollten. Sie steigen nicht in den nächsten Privatjet und fliegen nach Mykonos oder St. Barth auf eine große Yacht. Schluss mit euren #throwbacks, von etwas so Verschwenderischem, was sich 90 % der Leute nicht vor Corona leisten konnten und auch danach nicht leisten können.

 

 „Where would you go when this is over?"

THEY ARE GOING BACK TO WORK UNLIKE YOU!! 

Diese Fotos sehen toll aus, keine Frage. Aber wenn das Leben dieser Frauen so toll wäre, würden sie ihn nicht den ganzen Tag auf Instagram verbringen.

 

Auch wir haben uns sehr viel Mühe gegeben auf Instagram einen ähnlichen Lifestyle zu leben. Man flog zu den Hotspots der Promis, buchte teure Luxusreisen und verbrachte den ganzen Tag damit Fotos zu machen. Der Urlaub war nicht mal mehr eine Erholung, weil es nur darum ging das perfekte Foto für Instagram zu schießen. Natürlich ist es in dem Sinne nicht „fake“, weil man einen wirklichen Einblick in diesen Lifestyle bekommen hat. Aber das ist nicht das tägliche Leben! Dass wir auf unsere Luxusartikel auch lange sparen mussten und dafür als Ferienarbeiter in der Autoproduktion gestanden haben, posten wir schließlich auch nicht.

 

Die Tricks der Fakefluencer – Luxuskleidung für jedermann 

Dennoch gibt es Profile auf Instagram, bei denen sich das Ganze auf einem anderen Level abspielt. Vor allem die Accounts, auf denen die neusten Luxusaccessoires präsentiert werden, sind unserer Meinung nach bei jungen Frauen besonders gefragt. Nur wie kann man seinen Followern denn die ständig wechselnden und teuren Trends präsentieren, wenn das Gehalt dem eines Otto-Normalverbrauchers entspricht und man in der realen Welt noch Kosten zu tragen hat? Die simpelste und wohl bekannteste Methode sind „Replicas“ also sogenannte Nachbildungen luxuriöser Markenartikel. Davon gibt es auf Instagram ziemlich viele. Schlechte Nachbildungen lassen sich meist allerdings schon anhand weniger Merkmale entlarven.

 

Inzwischen steigert sich aber die Qualität und ohne die Ware selbst in den Händen zu halten, lässt sich ein Unterschied im besten Fall nur erhoffen. Sogar auf Instagram lassen sich Accounts finden, die Replicas zu den verschiedensten Preisen und unterschiedlichster Qualität anbieten. Ein Urlaub im Ausland ist also nicht mehr zwangsläufig notwendig um an Ware dieser Art heranzukommen.

 

Aber nicht alles was teuer ist muss direkt ein Fake sein. Denn wenn ihr euch mal gefragt habt, weshalb ihr einige Dinge eine Person nie wieder habt tragen sehen, dann weil sie nicht mehr in ihrem Besitz sind und es eigentlich auch nie waren. Es gibt nämlich ziemlich viele Personen, die Luxusartikel online bestellen, ein paar Fotos damit machen und diese im Anschluss ordentlich verpackt wieder zurück an den Händler schicken.

 

Achtet mal darauf:

 

Handelt es sich bei dem Artikel z.B. um ein paar Schuhe, deren Sohlen für den Rückversand nicht beschmutzt sein dürfen, werdet ihr diese vermutlich eher auf Bildern vor dem heimischen Spiegel, als auf einem Outdoor-Foto zusehen bekommen.  

Aber was bringt es denn einen angeblichen Besitz von Luxusgütern vorzutäuschen und anderen damit ein schlechtes Gefühl vermitteln zu wollen? Warum haben wir den Drang danach fremden Menschen eine perfekte Welt vorzugaukeln zu wollen? (Mehr hier

 

„Von dem Geld, das wir nicht haben, kaufen wir Dinge, die wir nicht brauchen, um Leuten zu imponieren, die wir nicht mögen." – Zitat aus dem Film Fight Club

 

Instagram sollte wieder eine Plattform für Leute mit Talent werden. Make Up-Artists, Komiker, Fotografen. Wir schauen uns selbst gerne Lifestyle Fotos an, aber man sollte ein Gefühl dafür haben, in welchem Maße diese Bilder noch der Realität entsprechen. 

 

Der Verbraucher als Verlierer – Was taugen die Insta-Produkte wirklich?  

Aber als wäre das nicht schon genug, fangen einige Influencer an, die Leichtgläubigkeit der Follower auszunutzen und Profit damit erzielen zu wollen. Zumindest bei den bekannteren Persönlichkeiten der Sozialen Medien sollte inzwischen bereits einleuchtend sein, dass viele Produkte vermutlich nicht immer aufgrund ihrer hohen Qualität beworben werden, sondern aufgrund der hohen Gagen, die dafür gezahlt werden. Wer erhält nicht gerne jeden Monat ein kostenloses Paket und macht im Gegenzug Werbung für dieses Unternehmen. Da empfindet der ein oder andere eine kleine Notlüge, die ein Produkt von absolut minderwertiger Qualität plötzlich als Bestseller auf dem Beauty-Markt dastehen lässt, doch als gar nicht mehr so schlimm. Damit wir dann auch noch denken, dass wir ein super Schnäppchen bei unserem Einkauf tätigen, erhalten wir sogar einen Rabattcode. Dass die Produkte ohnehin dauerhaft reduziert sind, lassen wir einfach mal außen vor. Und wer kennt sie nicht, die Versprechen von langen, vollen Haaren und weißen Zähnen oder vielleicht doch lieber von makelloser Haut. Wer sich etwas intensiver mit Instagram beschäftigt, erkennt ziemlich schnell welche Unternehmen schon fast aggressives Influencermarketing betreiben.

 

Auf beinahe jedem zweiten Profil werden aktuell beispielsweise spezielle Haarpflegeprodukte beworben, von denen vor einigen Monaten noch niemand etwas wissen wollte. Diese Produkte versprechen laut Hersteller und laut Aussagen der vermutlich gekauften Meinungen, die schönsten, vollsten und gesündesten Haare. An dieser Stelle sollten wir uns fragen wie es sein kann, dass diese Firmen plötzlich Produkte auf den Markt bringen können, die scheinbar all unsere Bedürfnisse stillen, aber die Forschung genau das seit Jahren nicht schafft.

 

Aber weshalb tragen dann schätzungsweise ¾ der Personen, die diese Haarpflegeprodukte bewerben, etwa 200 Gramm à 60 cm Länge Tape Extensions auf dem Kopf? Dass die Realität anders ausschaut und man für solche Traumhaare alle drei Monate, fünf Stunden lang auf dem Friseurstuhl sitzt und für dieses Ergebnis im Nachhinein auch noch um die 1000 Euro über die Theke gehen, wissen die Wenigsten.

 

Auch schöne weiße Zähne, die für Werbezwecke vorher heimlich mit Hilfe von Photoshop mindestens um drei Nuancen aufgehellt wurden, können wir haben, denn für dieses Produkt erhalten wir natürlich wieder einen Rabattcode. 

 

Doch den einzigen Effekt, den wir bemerken, sind im Nachhinein die 100 Euro die uns mal wieder auf unserem Konto fehlen.

 

Während die Influencer also gerade damit beschäftigt sind, ihre bestellten Luxusartikel wieder an den Hersteller zurückzuschicken, leben wir weiter in einer Blase, in der wir uns Hoffnungen machen, dass wir durch die „Lieblingsprodukte“ der Influencer irgendwann so ausschauen wie sie, nachdem ihre Bilder diverse Bearbeitungsprogramme durchlaufen haben.

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